Luciah war wütend. Sehr wütend. Um sich abzureagieren, griff sie zum Telefon. Aber dort wo sie anrief, war niemand da oder hatte keine Zeit. Ihre Mutter hatte ihre eigenen Probleme und war wütend auf andere. Also keine Chance nach ein paar Hiobsbotschaften schnell wieder heil zu werden, oder? Luciah wollte aber ihren Zorn loswerden. So schnell wie möglich, um neue Dinge zu tun, die gut und positiv waren. Es gab ein paar anstehende Sachen. Good Luck. Trotz ihrer negativen Erfahrungen mit Menschen, konnte sie noch was Gutes an diesem Tag erreichen. Aber ihre maßlose Enttäuschung musste einfach weg.
Bei einer Therapeutin auf Instagram hörte sie, es war dieser
ähnlich ergangen. Sie wußte, man ließ den Kummer und den Zorn wie einen Gast
herein, ließ ihn sich aussprechen und dann wenn es genug war, verabschiedete
man diesen wieder.
„Das ist Bewußtmachen durch Aussprechen“, sagte der
Buddhist. Luciah hatte die Nummer eines früheren Bekannten gewählt. Er hatte
sich viel mit Buddhismus beschäftigt und die Länder Asiens bereist. Durch
Corona führte er als Risikopatient nun ein in Deutschland bescheidenes, eher
einsames Leben. Er hatte sich ein E-Bike gekauft, mit dem er abends ein paar
Kilometer durch die Gegend fahren konnte. Seine Enkelkinder hatte er schon
länger nicht mehr gesehen.
Für Luciah war er jetzt genau der Richtige. Seine tägliche
Leere fühlte sich mit buddhistischem Gedankengut. „Du musst den Zorn
verwandeln…“ sagte er. „Nicht auf die betroffenen Menschen noch projezieren.“
Und „die Menschen brauchen Liebe, Beachtung und Berührung.“ Er sprach von
menschlicher Nähe. Diese wurde auch nach langer Zeit der kontaktlosen Zeit
zwischen ihm und Luciah spürbar. Luciah hatte sich genug mit dem Buddhismus
beschäftigt, um ihn direkt mit den kausalen übergreifenden Zusammenhängen von
Handlungen zu verstehen. Aber sie wollte nicht so einfach den Menschen, die sie
verletzt hatten, verzeihen. Sie wußte über Karma Bescheid. „Wer Gutes tut, wird
Gutes ernten…“ Nun, sie hatte den Menschen Gutes getan und jetzt wo sie sie
brauchte, war sie allein.
„Ich hab da ein Gebet von Mutter Theresa, das ich immer
wieder verteile.“ Der Buddhist hatte ein Geschenk für sie. Luciah haderte einen
Moment, ob es das Richtige für sie sei. Aber in seiner wahren Natur konnte er
es nur gut für die hilfesuchende Frau ausgewählt haben.
„Der Mensch ist unverstanden, unlogisch und selbstsüchtig.
Es ist nicht wichtig, lieb ihn!
Wenn du nur gute Sachen machst,
werden sie das an deine
selbstsüchtigen Ziele verschreiben.
Es ist nicht wichtig, mach nur gute Sachen.
Wenn du die Ziele erfüllst,
findest du nur unwahre Freunde
und ehrliche Feinde.
Es ist nicht wichtig, erfülle deine Ziele!
Alles Gute, was du macht,
wird morgen vergessen.
Es ist nicht wichtig, sei ehrlich!
Die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit werden dich
verletzbar machen.
Es ist nicht wichtig, schaffe es!
Wenn du den Leuten hilfst,
wirst du schlecht vergangen.
Es ist nicht wichtig, hilf ihnen!
Du gibst der Welt das Beste von dir,
sie gibt dir nur Schläge zurück.
Es ist nicht wichtig, gib das Beste von dir.
(steht am Geburtshaus der Mutter Theresa in Mazedonien)
Diese Sprache, diese Worte. Wie feuernder Balsam für die
geschundene enttäuschte Seele. Mach es trotzdem! Geh weiter!
Eine klare wunderbare Botschaft. Luciah wurde wieder happy.
Der Ärger verflog. Nach dem Gespräch aß sie einen Keks vom Gardasee und trank
dazu einen Schluck Rotwein. Sie erinnerte sich an den Urlaub, den sie gerade erlebt hatte. Dann klingelte es an der Tür. Der neue Teekocher,
den sie sich so bewusst wie möglich ausgesucht hatte, wurde gerade geliefert.
Der Zorn war weg und Luciah widmete sich neuem. Die bösen Geister waren
gegangen. Neue Gäste konnten kommen. Und der Buddhist würde wieder radeln.
Schön geschrieben, Tiefe innere Liebe hat immer was mit Loslassen zu tun. Ich habe inzwischen gelernt alle ärger wie Wut, Anklage und Ärger los zu lassen. Sie blockieren ja nur mich selber. dem gegenüber ist es meist nicht bewusst und oft auch egal...
AntwortenLöschenWow, beeindruckender Text. Er hat mich gerade in dem Moment erreicht, als ich gerade darüber nachdachte, dass es bei allem Glücklichsein für mich in sehr nahen zwischenmenschlichen Beziehungen nicht immer ganz leicht ist, Erwartungen und Ärger loszulassen. Vor allem, wenn mein Gegenüber meine Gefühle nicht versteht, nicht hören will oder nicht anerkennt. Doch in deinem Text findet Luciah zum einen offene Ohren, und zum Anderen einen Weg, den Ärger hinter sich zu lassen. Danke.
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